Marokko am Scheideweg? Donnerstag, 25. Oktober 2007

Marokko am Scheideweg?

Beat Stauffer

Freischaffender Journalist, Basel

Als König Mohamed VI vor rund sieben Jahren die Nachfolge seines verstorbenen Vaters antrat, glaubten viele an eine sanfte Modernisierung des alten Königreichs. Trotz einiger Erfolge - etwa der Revision des Frauen- und Familienrechts - sind grundlegende Reformen bis heute ausgeblieben, und die ungelösten Probleme häufen sich. Wie in anderen arabisch-islamischen Ländern finden auch in Marokko islamistische Parteien und Gruppierungen immer mehr Gehör in der Bevölkerung. Aller Voraussicht nach wird denn auch die islamistische „Partei für Gerechtigkeit und Fortschritt“ (PJD) bei den Wahlen im September 2007 zur grössten Partei des Landes werden. Ohne eine Verfassungsreform und tief greifende Reformen, so meinen Kenner des Landes, wird sich das bisherige System nicht halten können. Gewisse Beobachter glauben gar eine vorrevolutionäre Stimmung wahrzunehmen und sprechen von einer „Zeitbombe“, die jederzeit explodieren könne.

Armut und prekäre Lebensverhältnisse auf dem Land und in den Vorstädten der grossen Agglomerationen, Arbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven finden sich aber nicht nur in Marokko, sondern auch in den anderen Maghrebstaaten. Der vor kurzem ins Leben gerufene „Arm“ der Kaida im Maghreb versucht dieses tief sitzende Malaise zu nutzen, um im gesamten Maghreb Fuss zu fassen. Ob ihr dies gelingen wird, hängt in erster Linie von der Fähigkeit der gegenwärtigen Regimes ab, die grundlegenden Erwartungen der Bevölkerung endlich zu erfüllen.

Beat Stauffer bereist die Staaten des Maghreb seit 25 Jahren. Er hat in Marokko gelebt und berichtet als ausgezeichneter Kenner der Region seit Jahren als frei schaffender Journalist für verschiedene Medien und als Autor über Nordafrika. In seinem Referat wird er versuchen, eine Einschätzung der gegenwärtigen Lage in Marokko und dem gesamten Maghreb vorzunehmen.


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