Nr. 44/1 - 2003

Nr. 44/1 - 2003

Der Baselbieter Wald im Wandel:

Fast vierzig Prozent der Fläche des Kantons Basel-Landschaft sind mit Wald bedeckt. Eigentlich wäre dies für sich allein schon Grund genug, einmal ein Heft der Regio Basiliensis dem Thema Wald zu widmen. Wald ist aber nicht gleich Wald. Je nach Standort hat er seine ganz besondere natürliche Ausprägung, wie Sie sich selber beim Foto-Spaziergang durch den Baselbieter Wald im Farbteil dieses Heftes überzeugen können. Der Wald ist aber auch aus der Sicht des Menschen sehr vielseitig: Holzlieferant, Sportarena, Schutz gegen Erosion, Grundwasserspeicher, Erholungsraum und nicht zuletzt Lebensraum für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt - zahlreiche Ansprüche, die nicht immer widerspruchsfrei nebeneinander stehen. Alles in allem also eine echt geographische Fragestellung: ein Naturraum in seiner Überprägung durch die menschliche Nutzung.

 


Der Baselbieter Wald im Wandel

Reinhard Eichrodt

Über Jahrhunderte war der Wald reines Exploitationsgebiet. Im 19. Jahrhundert wurden nicht standortsheimische Baumarten zur Steigerung des Holzertrages eingebracht. Nach landwirtschaftlichen Methoden sollten Monokulturen zum Ziele führen. Nur Veränderungen des Klimas und der Waldbewirtschaftung bewirkten einen gewissen Wandel in der Erscheinungsform des Waldes.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte auch die Region Basel eine stürmische Entwicklung der Industrie, der Wirtschaft und der Siedlungsgebiete. In der Folge wandelten sich auch die Ansprüche der Bevölkerung an den Wald. Dazu blieben die negativen Auswirkungen intensiver technischer Aktivitäten auf die Umwelt im Allgemeinen und den Wald im Speziellen nicht aus. Verantwortungsbewusste Bevölkerungskreise nahmen ihre ethische Verantwortung für die Erhaltung der uns umgebenden Natur, die einer enormen Belastung ausgesetzt wurde, wahr. Auch ihre Auffassungen der richtigen Massnahmen sind einem Wandel unterworfen. Diese Hektik in der menschlichen Gesellschaft schlägt auf den Wald über.


Wie gesund ist der Baselbieter Wald heute?

Walter Flückiger und Sabine Braun

In 23 Walddauerbeobachtungsflächen im Kanton Basel-Landschaft werden seit 1984 baum- und standortsbezogene Untersuchungen durchgeführt. Mit einem Stickstoffeintrag aus der Luft von 20–30 kg N ha-1 a-1 wird der Critical Load für N gemäss UN/ECE von 10–20 kg N ha-1 a-1 in den Baselbieter Wäldern deutlich überschritten. Auch die Ozonbelastung lag mit Ausnahme von 1993 immer wieder über dem Critical Level von 10 ppm*h >40 ppb (AOT40) für den Wald, allerdings war die Überschreitung in den neunziger Jahren deutlich geringer als in den achtziger Jahren. Die Kronenverlichtung, ein Indikator für den Stresszustand, schwankt zwar von Jahr zu Jahr; ein Trend von Zu- oder Abnahme ist jedoch nicht festzustellen. Im Mittel über alle Jahre sind rund 16 %, im Jahre 2002 13 %, der Buchen mehr als 25 % verlichtet. Mit zunehmender N-Deposition nimmt der Stamm- und Höhenzuwachs zu, ausgenommen auf P-limitierten Standorten. Zwischen 1984 und 1999 weisen die Buchen ein zunehmendes Nährstoffungleichgewicht auf, d.h. zunehmende N/P und N/K-Verhältnisse im Laub, was vornehmlich auf abnehmende P- (-26 %) und K-(-31 %)Gehalte zurückzuführen ist. Teilweise haben auch die Mg-Werte abgenommen. Bäume mit erhöhten N/P- und N/K-Verhältnissen zeigen einen deutlich erhöhten Befall mit Parasiten wie Apiognomonia errabunda oder Phyllaphis fagi. Die Nährstoffreserven im Boden sind im Kanton Basel-Landschaft im allgemeinen ausreichend, mit Ausnahme von drei Flächen, die eine kritische Basensättigung von £15 % bzw. ein kritisches BC/Al-Verhältnis von 1–2 und eine entsprechend geringe Regenwurmpopulation aufweisen. Allerdings zeigen epidemiologische Untersuchungen in den Beobachtungsflächen, dass bereits bei einer Basensättigung von £40 % das Windwurfrisiko bei der Buche 4.8mal und bei der Fichte 3.6mal erhöht ist.


Arten- und Lebensraumschutz in den Waldungen beider Basel – die Strategie des Forstamtes beider Basel

Beat Feigenwinter-Thommen

Das Waldreservatskonzept beider Basel weist rund ein Viertel der Waldfläche in den beiden Halbkantonen als besonders wertvoll aus. Anhand einer Situationsanalyse wird aufgezeigt, wo die Stärken und Schwächen der naturnahen Wälder in beiden Basel bezogen auf die Arten- und Lebensraumvielfalt liegen. Daraus abgeleitet wird die Strategie zur Erhaltung der Arten- und Lebensraumvielfalt im Wald.


Vögel und Säugetiere im Baselbieter Wald

Matthias Kestenholz

Der Wald ist im Baselbiet der flächenmässig bedeutendste und artenreichste Lebensraum für Vögel und Säugetiere. 66 Vogelarten und 39 Säugetierarten wurden festgestellt. Die Vogelwelt wird vor allem von langfristigen Veränderungen in der Waldbewirtschaftung beeinflusst. Der Verlust der Auenwälder, die flächendeckende Einführung des Hochwaldes sowie der vom Ausbau des Waldstrassennetzes begünstigte, stark wachsende Erholungsdruck führten auch im relativ naturnahen Lebensraum Wald zu einer deutlichen Abnahme der Artenvielfalt. Die Bestände der grösseren Säugetierarten haben vor allem wegen einer veränderten Jagdpraxis enorm zugenommen und sind heute so hoch wie nie zuvor in den letzten Jahrhunderten. Über die Bestände der Kleinsäuger ist sehr wenig bekannt. Dank dem hohen Laubholzanteil von über 70 % weisen die Baselbieter Waldungen auch aus nationaler Perspektive einen grossen Naturwert auf, der durch einen flächendeckenden naturnahen Waldbau und durch Total- und Sonderwaldreservate langfristig erhalten werden kann.


Holz aus Basler Wäldern. Eine Standortbestimmung über Holznutzung, Absatzmöglichkeiten, Nutzungspotenzial und Handlungsbedarf

Ueli Meier

Einem Nutzungspotenzial von 170’000 m3 jährlich steht in den Wäldern der Region Basel eine effektive Holznutzung gegenüber, die in den letzten beiden Jahren nicht einmal mehr die Hälfte des Nutzungspotentials beträgt. Mitentscheidend für die grosse Zurückhaltung der Waldeigentümer und Forstbetriebe, im Kerngeschäft Holzproduktion aktiv zu sein, sind tiefe Holzpreise, eine geringe bis nicht existente regionale Nachfrage nach Rohholz und im internationalen Vergleich hohe Gestehungskosten. Fehlende oder mangelhafte Deckungsbeiträge aus der Holzernte gefährden mittel- bis langfristig nicht nur die Forstbetriebe selbst, sondern auch die nachhaltige Entwicklung der Wälder. Eine markante Erhöhung der Holznutzung muss deshalb wesentlicher Bestandteil der regionalen Waldpolitik sein.


Der Waldbesitz heute

Hans Hägler

Für den Waldbesitzer sind grundsätzliche Änderungen eingetreten und zwar im positiven wie im negativen Sinn. Das neue Waldgesetz nimmt den Waldbesitzer in vielfältiger Art in die Verantwortung. Eingeschränkter oder totaler Nutzungsverzicht im Interesse des Naturschutzes, die Toleranz neuer Freizeitaktivitäten und die Erbringung verlangter Leistungen sind Beispiele dafür. Aber gleichzeitig stehen ihm dafür angemessene Entschädigungen zu. Eine neue Forstorganisation mit festen Forstrevieren trägt der ökonomischen Optimierung Rechnung. Das Gesetz schafft somit die Voraussetzung, der sich weiter öffnenden Schere zwischen hohem Aufwand und geringerem Ertrag in der Waldwirtschaft in gewissem Masse zu begegnen. Das kann nur erfolgreich geschehen, wenn der Waldbesitzer erkennt, dass er selbst das Wesentliche dazu beitragen muss. Das ist er auch gewillt zu tun. Es gibt verschiedene brauchbare Ansätze zur Verbesserung der Situation, es zeigt sich jedoch, dass diese mehrheitlich nur von den betriebsplanpflichtigen Waldbesitzern – diese verfügen in einem Forstrevier über mehr als 25 ha Wald – voll ausgenutzt werden können. Es gilt weniger für die ca. 6000 Privatwaldbesitzer mit oft ungünstigen örtlichen Bewirtschaftungsvoraussetzungen. In ihrem Bereich wird die Holznutzung weiterhin zurückhaltend ausfallen. Das kann auch als eine Art des ökologischen Beitrages gewertet werden!


Freizeitaktivitäten im Baselbieter Wald: Ökologische Auswirkungen und deren Wahrnehmung durch die Besucher

Bruno Baur, Claudia Heer und Hans-Peter Rusterholz

Naturnahe Wälder in Ballungsräumen sind beliebte Naherholungsgebiete. Grosse Besucherzahlen können aber zu einer Übernutzung der Wälder führen. In der vorliegenden Arbeit werden Auswirkungen der intensiven Erholungsnutzung im Allschwiler Wald dargestellt und mit denjenigen auf der Sichtern bei Liestal und im Gebiet der Gerstelfluh bei Waldenburg verglichen. Im Allschwiler Wald waren 10 % und auf der Sichtern 3 % der Fläche durch Erholungsnutzung stark oder sehr stark beschädigt. Im Gerstelgebiet war der stark beschädigte Flächenanteil sehr gering. Eine Umfrage zeigte, dass die Waldsituation von verschiedenen Freizeitnutzergruppen (Wanderer, Biker) unterschiedlich wahrgenommen wird.


GEOGRAPHISCH- ETHNOLOGISCHE GESELLSCHAFT BASEL - gegbasel.ch