Donnerstag, 17. März 2016

Nachhaltige Tourismusformen in Kerala

Nachhaltige Tourismusformen in Kerala

Prof. Dr. Tatjana Thimm

HTGW Konstanz

Nicht erst seit dem Filmerfolg „Life of Pi“ ist der indisches Bundesstaat Kerala ein weltweit gefragtes Reiseziel. Hausboottouren auf den berühmten "backwaters", Tigerbeobachtung in Nationalparks, Wellness in Ayurveda-Ressorts, Teetrinken in Munnar oder einfach nur "sun and beach" an den vielen Stränden – Kerala ist eine bekannte touristische Marke und bezeichnet sich auch als "God’s Own Country". Es existieren vielfältige Ansätze den Tourismus in Kerala nachhaltig zu gestalten. Inwiefern man Kerala wirklich als nachhaltige Destination bezeichnen kann und wer vom Tourismus dort profitiert – dies sind unter anderem die Themen dieses Vortrages.

Kerala verfolgt die Kombination eines Top Down Ansatzes und eines Bottom Up Ansatzes: Zum einen verfolgt die Regierung des Bundesstaates Kerala nachhaltigen Tourismus als strategisches Ziel, zum anderen werden die Bürger auf dem Level der Gemeinden in diese Pläne eingebunden. Der für Kerala typische Ansatz des nachhaltigen Tourismus firmiert dort unter "Responsible Tourism". Die Kernfrage ist hier: "Wer profitiert eigentliche vom Tourismus?". In vielen Entwicklungsländern wandern die Gewinne touristischer Investitionen wieder ins Ausland. Kerala wollte hier eine andere Form der touristischen Gestaltung, die auch die Einwohner an den Einnahmen des Tourismus teilhaben lässt. Neben der seitens der Regierung geförderten "Responsible Tourism Initiative" gibt es weitere Initiativen von NGOs, Firmen oder Privatpersonen. Kerala lebt in hohem Masse von Transferzahlungen von Keraliten, die ins Ausland, insbesondere in die Golfstaaten gegangen sind. Der Bundesstaat verfügt über einen grossen Dienstleistungssektor, kaum Industrie und kann ansonsten nur Einkommen aus der Landwirtschaft generieren. Die relativ gute Bildungssituation und die hohe Bevölkerungszahl und –dichte führen weiterhin zu hohen Abwanderungsraten. Der Tourismus ist in Kerala einer der wenigen Sektoren, der weiter ausgebaut werden kann und somit als Jobmotor dienen kann.

Ob die verschiedenen nachhaltigen Tourismusformen in Kerala es rechtfertigen von Kerala als "Nachhaltiger Destination" sprechen zu können, ist eine zentrale Fragestellung dieses Vortrages. Anhand eines speziell auf Entwicklungsländer ausgerichteten Bewertungsschemas wird dies untersucht und einer Beurteilung zugeführt. Darüber hinaus wird diskutiert, ob das Tourismusmodell Keralas auf andere Länder des Südens übertragen werden kann oder ob wir in Europa sogar von diesem Modell lernen können.

Prof. Dr. Tatjana Thimm war im Jahre 2013 zweimal zu Forschungsaufenthalten in Kerala. Sie hat sich verschiedene Projekte nachhaltiger Tourismusformen angeschaut, lebte in Dörfern, die nachhaltigen Tourismus praktizieren und wird in Ihrem Vortrag darüber berichten. Zusammen mit Prof. Freyer (TU Dresden) brachte sie 2011 im Oldenbourg Verlag das Buch "Indien-Tourismus" heraus.


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